Tech M&A: Gegenwind und Potenziale

  • Mai 2018
  • Media & Technology

Obwohl Begriffe wie Digitalisierung, Social Media, Big Data und Cyber Security öffentlich größte Aufmerksamkeit genießen, haben sich die globalen M&A-Aktivitäten in den Segmenten IT und Technology seit 2015 im Gegensatz zu anderen Branchen eher rückläufig entwickelt. War 2015 laut Mergermarket noch ein Rekordjahr mit einem Deal-Volumen von ca. 419 Milliarden US-Dollar, pendelte sich das Transaktionsvolumen im Jahr 2017 bei ca. 270 Milliarden US-Dollar ein, obwohl dieser Rückgang auch auf eine erhöhten Anzahl von alternativen Finanzierungsmöglichkeiten wie z.B. weiteren Finanzierungsrunden, IPOs oder sogar Coin-Finanzierungen zurückzuführen ist.

Warum sollte sich im Jahr 2018 dieser Trend umkehren und ein wachsendes Volumen von Übernahmen im Tech-Bereich zu beobachten sein? Anhand der folgenden Punkte möchten wir veranschaulichen, warum aus M&A-Sicht ein klarer Aufwärtstrend erkennbar ist:

  1. Konsolidierungswellen wurden in der Vergangenheit wiederholt durch technologische Durchbrüche angestoßen. Nachdem Apps und Tech-Start-Ups in den letzten Jahren einen starken Hype erlebt haben und eine erste IPO-Welle stattgefunden hat (Beispiele hier sind u.a. Snapchat, Delivery Hero oder Spotify), wird der Einfluss der Technologisierung und Digitalisierung immer direkter bestehende Geschäftsmodelle von etablierten Firmen hinterfragen bzw. angreifen. Durch das Verlassen der „Kinderstube“ werden zudem immer mehr junge Firmen aus der Digitalwirtschaft als attraktive Übernahmeziele von bestehenden Wettbewerbern oder Finanzinvestoren gesehen.
  1. Durch die fortlaufende und zunehmend reifende Digitalisierung sind Überlaufeffekte auch in klassischen Industriesektoren zu erwarten. Die Finanzbranche wird immer stärker durch FinTechs unter Druck gesetzt (z.B. erhielten die Onlinebanken N26 und Revolut in Finanzierungsrunden im Jahr 2017/18 160 Mio. bzw. 250 Mio. US-Dollar), was potenzielle Übernahmen ermöglicht. Auch in anderen klassischen Sektoren wie z.B. Dienstleistungen, dem Gesundheitssektor sowie Retail und e-Commerce vermehren sich Übernahmen von kleinen und technologisch gut aufgestellten Unternehmen (z.B. die 3,2 Mrd. US-Dollar Übernahme von YOOX Net-A-Porter durch Richmont), um somit konkret durch Know-How-Transfer an der Digitalisierung zu partizipieren.
  1. Große Ideen-Aufsammler bzw. „erwachsene“ Technologieunternehmen, wie zum Beispiel Alphabet/Google, Facebook, Tencent, Amazon, Alibaba oder Microsoft, übernehmen gezielt Start-Ups und sichern sich somit neue Ideen, wichtige Fachkräfte und Technologien durch strategische Übernahmen und stoßen mitunter in gänzlich neue Geschäftsfelder vor. Ein ähnliches Muster ist auch von Mittelständlern oder Old-Economy-Konzernen zu erwarten, die sich durch gezielte Übernahmen von Technologieunternehmen zukünftige Marktanteile sichern oder digitale Kompetenzen erwerben wollen.
  1. Firmen nutzen Technologie um eine höhere Skalierbarkeit und Automation ihrer Geschäftsmodelle zu erreichen oder bestehende Prozesse deutlich zu optimieren. Mapping- und Software-Anwendungen bieten bspw. der chemischen Industrie, der Logistik oder den Bereichen Pharma, Medizin und Biotech ein enormes Verbesserungspotenzial zur Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle. Dieser Trend ist nachhaltig und wird zusätzlich im Bereich Tech-Consulting zu signifikantem Wachstum und auch Übernahmen führen (Ein Beispiel hierfür ist die Übernahmen von Wizeline Inc. durch Apax Partners). Außerdem bahnt sich mit der fortschreitenden Entwicklung neuer Tech-Trends wie künstlicher Intelligenz (ob als Anwendung in der Industrie, Online oder bei selbstfahrenden Automobilen), kommerzieller Drohnennutzung oder durch Virtual-Reality-Anwendungen eine nächste Technologie-Welle an, die in unterschiedlichen Industrien Geschäftsmodelle verändern und zu erhöhter M&A-Aktivität beitragen wird.
  1. Innerhalb bestimmter Segmente gibt es Parallelentwicklungen, bei denen sich mehrere Start-Ups mit einer Idee beschäftigen, die sie in ähnlicher Form im Markt zu etablieren versuchen. Beispiele dieser sogenannten „MeToo-Ideen“ lassen sich anhand von Lieferdienstplattformen (Lieferando, Lieferheld, Foodora, Delivery Hero) oder Mobilitäts-Apps (DriveNow, Car2Go etc.) veranschaulichen. Hier gibt es ein deutliches Konsolidierungspotenzial, was die Übernahme von pizza.de durch Lieferheld oder der kürzlich abgeschlossene Zusammenschluss von DriveNow und Car2Go im deutschen Markt schon veranschaulichen.

Auch wenn die rasante Entwicklung der Digitalisierung auch negative Schlagzeilen hervorruft, wie z.B. die der jüngsten Datenskandale um Facebook (mit Cambridge Analytica), Twitter oder MyFitnessPal (beide mit Leaks der Passwort- bzw. Nutzerdaten) und somit der Euphorie gewisse Dämpfer verpassen, wird die Investitionsbereitschaft von Unternehmen in neue Technologien weiter wachsen. Nicht zuletzt haben gerade diese jüngsten Entwicklungen laut Mergermarket zu einem signifikanten Anstieg an Übernahmen von Unternehmen im Bereich „Cyber-Security“ geführt, in Q1 2018 gab es weltweit bereits 23 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 1,1 Mrd. US-Dollar (Livingstone begleitete in diesem Bereich mehrere Übernahmen, wie z.B. Nettitude durch Lloyd’s Register).

Letztendlich lassen sich viele Digitalisierungslösungen nicht oder nur zu langsam „organisch“ aus klassischen Unternehmen entwickeln. Nach einer Phase des Gegenwinds wird daher im Jahr 2018 wieder vermehrt in Übernahmen investiert und der Konsolidierungstrend im Tech-Bereich wieder Fahrt aufnehmen.

Livingstone konnte im Bereich Tech / Media in den letzten 12 Monaten neun Transaktionen abschließen.

 

 

 


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