Während die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung im Bereich der Distressed M&A-Transaktionen. Es zeichnet sich ein zunehmender Trend von vorinsolvenzlichen Verkäufen von Unternehmen in Krisensituationen oder unprofitablen Geschäftsbereichen (Carve-outs) ab. Offensichtlich sind immer mehr Unternehmensinhaber bereit frühzeitig Lösungen zu suchen und die Insolvenz in der eigenen Eigentumssphäre zu verhindern.
Von Unternehmenskrisen betroffen zu sein scheinen derzeit insbesondere die Branchen des stationären Handels, der Textilbrache sowie der Automobil-Branche.
Der stationäre Handel leidet zunehmend unter der fortschreitenden Digitalisierung. Kunden, welche diesen ursprünglich primär für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen sowie Preisvergleiche genutzt haben, nutzen heute dafür oftmals das Internet. Die Beratungsleistung in Läden vor Ort rückt vermehrt in den Hintergrund, ist aber noch das vom Handel genutzte Kern-USP, um den Käufer für den stationären Einzelhandel zu gewinnen. Wer sich nicht mit der Digitalisierung entwickelt hat und die Ware nicht über einen Onlineshop vertreibt, findet sich derzeit bereits oft in Krisensituationen wieder.
Dieser Trend zeigt sich auch im Bereich der Textilbranche, in der namhafte Marken wie Gerry Weber, René Lezard, Basler oder Laurel sich derzeit entweder in Insolvenzverfahren oder aber Restrukturierungssituationen befinden. Auch hier ändert sich das Kaufverhalten der Kunden zunehmend und verlagert sich in die Richtung des Onlinehandels. Branchenexperten sind zudem der Meinung, dass die schnelle und zielgenaue Umsetzung neuer Kollektionen (i.e. Design, Produktion und Vermarktung) entsprechend des Kundengeschmacks einer der wichtigsten Erfolgstreiber sei, da derzeit rund 30 Prozent zu viel Ware auf dem Markt sei. Liegen alle Schritte vom Design bis zum Verkauf der Ware in der Hand eines Unternehmens, erhöhe dies die Anpassungsfähigkeit an die Kundenwünsche und verringere die Produktionszeit für neue Kollektionen. Zudem hat sich die Grundhaltung jüngerer Generationen verändert, welche nicht mehr auf die langfristige Nutzbarkeit der Ware durch hohe Qualität, welche sich auch in einem entsprechenden Kaufpreis niederschlägt, ausrichtet, sondern mitunter in einer „Wegwerf-Mentalität“ – günstiger Kauf, kurzweiliges Tragen, erneuter Einkauf neuer Modetrends. Beispiele für den auch weiterhin möglichen Erfolg in der Branche sind Unternehmen wie Naketano, Zara, Primark und Adidas.
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